Wie sieht denn die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland derzeit aus?
Christopher Knoch: Momentan ist es so, dass Strom aus Wind- oder Solarenergie direkt ins Netz gespeist wird, wann immer die Sonne scheint oder es windig ist. Dieser Strom hat unter dem Eneuerbare-Energien-Gesetz Vorrang. Das führt dazu, dass bei guten Bedingungen auch schon mal 100 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien stammt – und Deutschland sogar noch sauberen Strom exportiert. In der sogenannten „Dunkelflaute“, also bei Windstille und Dunkelheit, muss unser Strom aber weiterhin aus anderen Quellen wie Kohle- oder Atomkraft kommen. Wenn wir den sauberen Strom jedoch für längere Zeit speichern könnten, hätten wir auch nachts die Energie der Sonne zur Verfügung.
Wie funktioniert Aurora, euer Energiespeichersystem?
Justin Scholz: Unser System nutzt das bereits etablierte Verfahren der Luftverflüssigung, um Energie zu speichern. Mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien wird Luft auf ca. minus 200 Grad Celsius herunter gekühlt, so dass sie flüssig wird. Die beim Aufladen entstandene Wärme wird gespeichert, um damit später den Entladevorgang zu unterstützen, wenn die flüssige Luft wieder gasförmig wird und Energie freisetzt. Die Kälte, die wiederum beim Entladen entsteht, wird ebenfalls gespeichert, um damit erneut Luft zu verflüssigen und den Speicher wieder aufzuladen.
Was waren wichtige Meilensteine auf dem Weg bis hierher?
Christopher Knoch: Die Idee, wie sie jetzt auf dem Papier steht, sieht einfach aus, aber es ist ein weiter Weg gewesen. Den größten Schritt nach vorne haben wir gemacht, als uns klar wurde, dass wir nicht den effizientesten Speicher bauen müssen, sondern den günstigsten und nützlichsten. Denn die Erzeugung von sauberem Strom kostet so wenig, dass ein weniger effizienter Speicher kein Problem darstellt, solange er günstig, mobil und flexibel einsetzbar ist und länger hält. So kamen wir auf die Idee, den Speicher in Container zu stecken. Dadurch können die Speicher modular kombiniert werden und in ganz unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum Einsatz kommen: etwa direkt neben einer Windkraftanlage oder einer E-Tankstelle für Autos.
Wie profitiert ihr von EIT Climate KIC und der Unterstützung durch ERGO und Munich Re?
Justin Scholz: Andere Speicherhersteller geben Garantien für ihre Anlagen. Da hilft es sehr, sich als junges Start-up in der Branche darüber frühzeitig mit Experten austauschen zu können. Denn die Möglichkeit, auch unseren Kunden Garantien geben zu können und gegen eventuelle Ausfälle versichert zu sein, wird dabei helfen, unser System zu vermarkten.
Christopher Knoch: Außerdem hilft uns EIT Climate KIC dabei, die nachhaltige Wirkung unseres Speichersystems zu quantifizieren. Das ist deshalb so wertvoll, weil viele potenzielle Investoren bereits jetzt auf diese Kennzahlen achten und Zertifizierungen erwarten. Wir nehmen an, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird.
Und was sind die nächsten Schritte für euer Team?
Christopher Knoch: Noch in diesem Jahr wollen wir potenziellen Kunden das Gesamtsystem zeigen können und hoffentlich erste Vorbestellungen annehmen. Dafür finalisieren wir gerade noch einige Simulationen, und danach werden wir uns verstärkt der Hardware widmen.