Einfach, weil's wichtig ist.
Einfach, weil's wichtig ist.
Digitalisierung & Technologie, 09. Dezember 2022
Fangen wir mit einem kleinen Test an: Vervollständigen Sie bitte den folgenden Satz: „Computerspiele machen …“ „In meiner Welt würde der Satz zum Beispiel enden mit den Worten Spaß, kreativ oder resilient“, sagt Gaming-Expertin Sabine Saeidy-Nory von ERGO: „Für mich sind Computer- und Videospiele nämlich etwas unfassbar Tolles. Sie fördern und fordern, sind interaktiv, regen zum Nachdenken an oder lassen einen in phantastische Welten eintauchen.“
In Computer- und Videospielen steckt ein unglaubliches Potenzial, das weit über das Spielerische hinausgeht. Games werden heute bereits als Lehrmittel, Therapiebegleiter oder Problemlöser eingesetzt. Computer- und Videospiele sind als Kulturgut, Innovationsmotor und als Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung; das sagte selbst die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Eröffnung der gamescom 2017.
In Deutschland spielen derzeit 6 von 10 Menschen Computer- und Videospiele, Frauen dabei ebenso häufig wie Männer, Alte ebenso wie Junge. 2021 wurden zudem alleine in Deutschland mit Games und entsprechender Hardware knapp 10 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist mehr als in der Musikindustrie und dem Bereich Kino zusammen.
Computer- und Videospiele sind aus dem Leben Millionen Deutscher also nicht mehr wegzudenken. Doch wer nun denkt, Kinder und Jugendliche seien die größte Gruppe an Gamern in Deutschland, hat weit gefehlt. Eine der größten Gruppen an Spielenden bilden nämlich weiterhin die 50- bis 59-Jährigen: Rund ein Fünftel der deutschen Gamerinnen und Gamer gehört zu dieser Altersklasse. Zusammen mit der Gruppe der über 60-Jährigen machen sie knapp ein Drittel der Gamerinnen und Gamer in Deutschland aus. Doch zu den sogenannten „Silver Gamern“ ein anderes Mal mehr.
Vor kurzem hat //next über eine Studie der University of Vermont berichtet, der zufolge Computerspiele einen positiven Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen haben können. Für manch einen mögen die Ergebnisse erstaunlich gewesen sein. Für mich waren sie es nicht.
Seit Längerem gibt es Erhebungen zu den positiven Effekten von Computer- und Videospielen, etwa auf Fähigkeiten wie Hand-Augen-Koordination, Reaktionsgeschwindigkeit, räumliches Vorstellungs- oder Erinnerungsvermögen. Wer diese Fähigkeiten in ihrer reinsten Form sehen will, sollte sich einmal E-Sports Matches anschauen, also professionell spielende Gamerinnen und Gamern, die auf höchstem Level kompetitiv gegeneinander antreten. Die Spielenden bedienen pro Minute bis zu 400 Mal ihre Eingabegeräte, um den perfekten Zug zu schaffen. Das Ganze findet asymmetrisch statt – beide Hände werden parallel bewegt, womit unterschiedliche Hirnregionen genutzt und trainiert werden. Gleichzeitig braucht es zum Erfolg Impulskontrolle, Wahrnehmung der Spielumgebung, taktische Entscheidungen und Absprachen im Team. Alles in Bruchteilen von Sekunden. Was für eine Leistung des Gehirns!
Auch wenn die meisten Kinder und Jugendlichen (noch) nicht auf diesem Niveau spielen, trainieren auch sie all diese Fähigkeiten, praktisch nebenbei und intrinsisch motiviert. Mit jedem Mal, das sie ein Level neu starten müssen, weil sie besiegt wurden, bauen sie zudem eine höhere Frustrationsgrenze sowie Lösungskompetenzen auf. Sie lernen Geduld, Präzision und Durchhaltevermögen. Games helfen beim Stressabbau, da sie einen klaren Fokus verlangen, und auch seinem Frust im Spielkontext mal Ausdruck zu verleihen, kann einen positiven Lerneffekt haben: Man regt sich mal kurz auf, dann ist es auch wieder gut. On top kommt das soziale Moment, also nicht nur, gemeinsam mit Freunden zu spielen, sondern auch im Team zu agieren. Das erfordert nicht selten Kompromissbereitschaft und auch Führungsqualitäten als Teamlead. Für seine Lösungswege einzustehen, strategisch zu denken und klug zu argumentieren, will auch erst mal gelernt sein. Und: Eine Studie aus England zeigt, dass das Spielen von Videospielen die Lesekompetenz, die Kreativität und das Empathievermögen junger Menschen fördern kann.
Verstehen Sie mich an dieser Stelle bitte nicht falsch: Niemand sagt, dass die Nutzung von Computer- und Videospielen immer konfliktfrei zwischen Eltern und Kindern vonstattengeht. Ich weiß um die Diskussionen, die hier geführt werden. Außerdem steht alles immer unter der Prämisse eines gesunden Nutzungsverhaltens.
Doch richtig genutzt, können Computer- und Videospiele viele positive Effekte haben, die auch im weiteren Leben von Bedeutung sind. Gamer stehen wegen ihrer Soft Skills nicht umsonst immer öfter ganz oben auf der Hiring-Liste von Unternehmen.
Doch auch das ist ein Thema für ein anderes Mal.
Text: Sabine Saeidy-Nory
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