Einfach, weil's wichtig ist.
Einfach, weil's wichtig ist.
Digitalisierung & Technologie, 13. Dezember 2024
Für die einen gewinnen sie zunehmend an Bedeutung, für die anderen stellt sich die Frage ihrer Notwendigkeit: Chief Digital Officers (CDO). In einer Zeit, in der die digitale Transformation für Unternehmen aller Größen essenziell geworden ist, verkörpern sie die treibende Kraft hinter der Umsetzung und Weiterentwicklung von Digitalstrategien. Doch was genau ist ihre Aufgabe und worin besteht ihr Mehrwert? Darüber schreibt ERGO CDO Mark Klein in seiner aktuellen Kolumne.
„Die deutsche Wirtschaft sucht Chief Digital Officers“. So lautete im Juli 2023 die Überschrift einer Pressemeldung des Digitalverbandes Bitkom. Gemäß einer Umfrage unter 602 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland plante jedes vierte Unternehmen (25 Prozent), einen Chief Digital Officer einzustellen. Im Jahr zuvor, 2022, war es erst jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent). Dem gegenüber gaben 41 Prozent der Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden in der Erhebung an, ganz auf einen CDO oder eine vergleichbare Position verzichten zu wollen.
Ist das nun also der Beweis, dass Unternehmen aller Größen einen CDO brauchen oder eben nicht? Könnten die Aufgaben nicht auch durch andere, bestehende Funktionen wie Chief Executive Officer, Chief Information Officer oder Chief Customer Officer abgedeckt werden? Die Diskussionen hierzu gibt es schon so lange, wie es die Rolle des CDOs gibt. Doch zur Beantwortung der Frage muss zunächst einmal klar sein, welche Rolle Chief Digital Officers eigentlich einnehmen und worin ihr Mehrwert für Unternehmen besteht.
Auf die unterste Ebene heruntergebrochen ist ein CDO für die digitale Transformation eines Unternehmens verantwortlich. Digitalisierung braucht schließlich jemanden, der sie treibt. Denn ohne diesen aktiven und koordinierenden Part bleibt es nur allzu oft bei reinen Ideen und theoretischen Konzepten, die es nie oder nur halbherzig in die Umsetzung schaffen. Digitalisierung fordert aber ein Zielbild und ein uneingeschränktes Engagement. Die Basis hierfür ist eine unternehmensweite Digitalstrategie, die definiert, wie Unternehmen digitale Technologien und Plattformen effektiv und im Einklang mit ihren Geschäftszielen nutzen. CDOs verantworten diese Strategie, die von der Digitalisierung von Geschäftsprozessen über die Einführung neuer Technologien, der Erschließung neuer Geschäftsmodelle, Kooperationen mit Unternehmen bis hin zum Innovationsmanagement reicht.
Um diese Strategie fortlaufend an aktuelle (Markt-)Gegebenheiten anpassen zu können, müssen CDOs die neuesten Technologien und Trends konstant im Blick haben. Sie müssen sie priorisieren und in neue digitale Produkte und Services übersetzen können – etwa, um das Kundenerlebnis durch ein Omnikanalmodell weiter zu verbessern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Eine Kernaufgabe von Chief Digital Officers ist es, den Status quo kontinuierlich zu hinterfragen, um weitere Optimierungspotenziale zu identifizieren, die sich durch Digitalisierung heben lassen.
Das Aufgabenspektrum eines CDOs umfasst also weit mehr als „nur“ die neuesten Technologien zu implementieren. Es setzt ein multidisziplinäres Profil voraus, das vor allem grundlegendes technisches Verständnis und Erfahrung mit digitalen Geschäftsmodellen sowie in der Produktentwicklung miteinander verbindet. Die Personen, die dieses Amt bekleiden, kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen wie der Betriebs- und Volkswirtschaft, der IT oder dem Ingenieurwesen. Doch so sehr sich die persönlichen Hintergründe und Laufbahnen von Chief Digital Officers auch unterscheiden, so sehr stehen sie vor denselben Herausforderungen, wenn es um die digitale Transformation geht.
Das können etwa Anforderungen an den Datenschutz und die technische Sicherheit von Anwendungen sein. In vielen technischen Berufen herrscht dazu noch Fachkräftemangel, es gibt langwierige Entscheidungsprozesse, die Verfügbarkeit von markt- und skalierfähigen Lösungen ist nicht immer gewährleistet, es fehlt an internem Fachwissen, Budget oder Zeit. Auch das sind Themen, die ein CDO in seiner täglichen Arbeit berücksichtigen muss. Ein Faktor, der für das Gelingen einer digitalen Transformation ebenfalls nie hoch genug eingeschätzt werden kann, ist der Faktor Mensch. Wie bereits in einer meiner vorherigen Kolumne beschrieben, setzt eine erfolgreiche digitale Transformation immer auch eine tief verankerte digitale Kultur voraus. Die eine kann ohne die andere nicht gelingen. Und auch hierfür sind CDOs zuständig: Für das Definieren und Etablieren von Werten, Normen, Verhaltensweisen und Arbeitsmethoden, die mit der digitalen Transformation eines Unternehmens einhergehen.
Chief Digital Officers sind also Strategen und Umsetzer, Business Enabler und Change Manager, Impulsgeber und Treiber. Sie sind eine Querschnittsfunktion zu sämtlichen Fachbereichen und der Unternehmensführung, mit der sie eng zusammenarbeiten, um die nötigen Prozesse für eine erfolgreiche digitale Transformation anzustoßen.
CDOs spielen eine Schlüsselrolle dabei, Unternehmen nicht nur technologisch, sondern auch kulturell und organisatorisch ins digitale Zeitalter zu führen. Sie tragen dazu bei, sicherzustellen, dass Unternehmen in einer zunehmend digitalen Welt resilient, profitabel und wettbewerbsfähig bleiben – für die Kundinnen und Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie andere relevante Stakeholder.
Eine Verteilung der Aufgaben eines CDOs auf andere Positionen wie den Chief Executive Officer, Chief Information Officer oder Chief Customer Officer wäre zwar gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen möglich. Das bringt jedoch immer Risiken mit sich, etwa hinsichtlich der Priorisierung und somit der nachhaltigen Umsetzung von Digitalstrategien. Denn wir erinnern uns: Digitalisierung braucht die ungeteilte Aufmerksamkeit, eine absolute Fokussierung. Und auch mit Blick auf den aktuellen Digitalisierungsgrad von Unternehmen in Deutschland ist die Rolle eines CDOs oder zumindest eines Leiters oder einer Leiterin Digitalisierung nicht nur relevant, sondern auch notwendig.
So haben gemäß Bitkom zwar neun von zehn Unternehmen in Deutschland bereits eine Digitalstrategie oder arbeiten zumindest in einzelnen Bereichen an Digitalprojekten. Doch die Digitalisierung vollumfänglich umgesetzt oder durchgängig orchestriert haben nur die wenigsten – gerade solche mit stark traditionellen Produktions- und Geschäftsmodellen nicht. Zu guter Letzt haben uns Sprunginnovationen wie generative künstliche Intelligenz erst jüngst wieder gezeigt, wie schnell Innovationen einen Einfluss auf Produkte, Prozesse und Services haben können. Wer hier keine treibende und koordinierende Kraft im Unternehmen hat, die das Thema etwa mit dedizierten Expertenteams angeht, wird klare Wettbewerbsnachteile haben und den Zug verpassen.
Stellt sich nun noch die Frage, wann ein CDO sein Ziel erreicht hat. Nun, dieser Punkt ist erreicht, wenn die Digitalisierung unternehmensweit fest verankert und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Selbstläufer sowie zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Das würde nicht bedeuten, dass die Digitalisierung des Unternehmens damit abgeschlossen wäre – das ist Digitalisierung nie. Aber es würde bedeuten, dass die Digitalisierung vom gesamten Konzern getrieben wird und dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter sich intrinsisch angetrieben als Motor hierfür versteht.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst beim Versicherungsmonitor erschienen.
Text: Mark Klein, CDO ERGO Group AG
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