Einfach, weil's wichtig ist.
Einfach, weil's wichtig ist.
Digitalisierung & Technologie, 04. November 2024
Erfolgreiche digitale Transformation erfordert mehr als nur technologische Neuerungen: Sie setzt eine tief verankerte digitale Kultur voraus. Diese umfasst Werte, Normen und Arbeitsweisen, die durch neue Technologien geprägt sind. Die Verankerung einer digitalen Kultur ist dabei zwar alles andere als trivial – doch ist sie entscheidend für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, schreibt ERGO CDO Mark Klein in seiner aktuellen Kolumne.
An was denken Sie, wenn Sie das Wort „Kultur“ hören? An Kunst und Kreativität? Traditionen und Bräuche? Werte und Normen? Kultur ist ein facettenreiches Konzept, das viele Aspekte unseres täglichen Lebens umfasst und tief in unseren Gesellschaften verankert ist. Kultur formt unsere Identität, unser Denken und unser Handeln. Und: Sie ist stets im Fluss, sie ist nicht statisch. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die digitale Kultur.
Als digitale Kultur wird die Gesamtheit von Werten, Normen, Verhaltensweisen und Arbeitsmethoden in einem Unternehmen verstanden, die durch den Einsatz neuer, digitaler Technologien geprägt ist. Die digitale Kultur gilt als Rückgrat jeder digitalen Transformation. Beides muss zusammen gedacht werden, denn das eine kann ohne das andere nicht gelingen. Eine digitale Kultur erfolgreich im Unternehmen zu etablieren ist dabei alles andere als trivial. Es ist eine der größten Hürden auf dem Weg zur erfolgreichen digitalen Transformation.
So gibt es immer wieder die Annahme, dass durch die bloße Bereitstellung neuer Technologien und Tools automatisch eine digitale Kultur im Unternehmen entsteht. Dem ist nicht so. Sowohl für die digitale Transformation als auch das Etablieren einer digitalen Kultur braucht es eine klare Vision und ein klares Zielbild dessen, was damit erreicht werden soll. Mit der digitalen Transformation lassen sich beispielsweise Prozessoptimierung, Effizienzsteigerung oder eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Eingesetzt werden hierfür neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Robotics, Sprach-Bots oder Process Mining.
Die digitale Kultur gibt ergänzend hierzu vor, welches Mindset und welche Werte es unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern braucht, um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen. Sie zeigt auf, wie sich Kolleginnen und Kollegen befähigen lassen, Technologien optimal zu nutzen, um so noch besser zusammenzuarbeiten, zu kommunizieren und Entscheidungen zu treffen. Und: Sie definiert, wie sich ein dauerhaftes Umfeld von Innovationsbereitschaft, Lernfreude und Experimentieren erschaffen lässt.
Dieser Prozess lässt sich nicht innerhalb weniger Wochen oder Monate umsetzen. Nachhaltiger Wandel braucht Zeit, Kontinuität und eine klare Kommunikation. Technologie muss oftmals erst entmystifiziert und Ängste bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen genommen werden. Die Kolleginnen und Kollegen müssen klar nachvollziehen können, weshalb neue Technologien eingesetzt werden und warum ihr persönlicher Beitrag wichtig ist für den Wandel. Die oberste Prämisse der digitalen Kultur lautet immer: Der Mensch steht im Zentrum. Ihn gilt es mitzunehmen und zu begeistern. Denn die beste Technologie entfaltet keine Wirkung, wenn sie nicht angenommen und genutzt wird.
Bei ERGO setzen wir an mehreren Punkten an, um unsere digitale Kultur erfolgreich zu verankern und weiterzuentwickeln. Neben einer klar formulierten Digitalstrategie haben wir bereits seit Jahren eine Vorgehensvereinbarung zu digitalen Themen und Projekten mit unseren Mitbestimmungsgremien abgeschlossen. Hier haben wir uns insbesondere auf ein Dialogformat verständigt, das Transparenz sowie ein gemeinsames Verständnis über die Inhalte und Auswirkungen der digitalen Transformation herstellen soll.
Vor der Einführung neuer Anwendungen, etwa aus dem Bereich der KI, werden die zuständigen Mitbestimmungsgremien rechtzeitig und umfassend eingebunden und insbesondere darüber unterrichtet, ob und welche Auswirkungen die neue Anwendung auf Arbeitsinhalte, Prozesse oder Qualifikationsanforderungen hat. Dies stellt sicher, dass die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit berücksichtigt werden, und legt die Basis für eine vertrauensvolle und somit erfolgreiche Zusammenarbeit. Denn ohne Vertrauen werden Veränderungsvorhaben scheitern.
Darüber hinaus ermöglichen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über zahlreiche Maßnahmen, neue Technologien selbst zu erleben und zu nutzen. Teilhabe und Partizipation sind für uns Schlüsselelemente einer gelebten digitalen Kultur. So bieten wir etwa unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit April dieses Jahres mit unserem internen Modell „ERGO GPT“ einen sicheren Zugang zu ChatGPT, um sich mit großen Sprachmodellen und deren Funktionsweise vertraut zu machen. Parallel hierzu gibt es interne Fortbildungen zu Themen wie Metaverse, KI oder NFTs – das sind digitale Besitzurkunden – im Versicherungskontext.
Wir haben im Juni dieses Jahres das neue Liveformat „//next Talk“ gelauncht. Hier tausche ich mich mit führenden Expertinnen und Experten zu digitalen Zukunftsthemen aus – für alle frei zugänglich über LinkedIn Live. Mit den Corporate-Magazinen „next“ und „Innovation Insights“ bieten wir Fachartikel und Analysen zu sämtlichen Digital- und Transformationsthemen. Der Verteiler unserer „Digital Factory Academy“ umfasst mittlerweile mehr als 50750 internationale Kolleginnen und Kollegen, die sich hier in lockerer Atmosphäre zweimal wöchentlich virtuell treffen, um sich unter anderem zu Digitalthemen auszutauschen.
Seit mehr als drei Jahren hält das Digitalressort seine Bereichsleitermeetings zudem in der Virtual Reality ab. Seit über sieben Jahren bietet ERGO sogar schon mit dem „digital.morning“ ein monatliches, internes Talk-Format an, in dem sich Kolleginnen und Kollegen nicht nur über die neuesten Trends und Technologien informieren können. Sie geben hier als Anwenderinnen und Anwender auch selbst Einblicke, wie digitale Technologien ihren Arbeitsalltag konkret verbessert haben. Als begeisterte Botschafter der Technologien bewegen sie so auch weitere Kolleginnen und Kollegen dazu, die Anwendungen selbst zu testen.
ERGO holt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also auf sämtlichen internen und externen Wegen persönlich sowie in Bild, Text und Ton ab, um sie über Digitalisierung zu informieren, im Raum stehende Fragen zu klären – und ihnen Zugang zu Innovationen zu verschaffen.
Damit konnten wir über die Jahre neue Technologien von einem Push- zu einem Pull-Objekt machen. Die Ideen zur Implementierung neuer Anwendungsfälle kommen heute unter anderem aus den Fachbereichen selbst, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den klaren Mehrwert der eingeführten Technologien sehen und erleben, wie diese sie unterstützen beziehungsweise entlasten. Sie suchen heute selbst mit nach Möglichkeiten, um Prozesse durch digitale Technologien noch besser zu machen und zu vereinfachen. Das ist digitale Kultur in Reinform. Ein schönes Beispiel hierfür ist, dass wir bei Robotics heute eine Warteliste von etwa einem Jahr haben – so begehrt sind die digitalen Helfer, von denen wir bereits rund 470 gruppenweit implementiert haben.
Neben dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet eine kulturelle Transformation natürlich auch, dass das (Top-)Management seine Verhaltens- und Denkweisen anpassen muss. Führungskräfte müssen ihre Führungsstile an die Bedürfnisse einer „digitalen Belegschaft“ angleichen. Sie müssen sich als Motor der Transformation und Veränderung verstehen. Im Zeichen des „Servant Leadership“ ist es ihre Aufgabe, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Platz für Ideen zu schaffen, damit die „digitalen Talente“ erfolgreich agieren können. Mit am wichtigsten ist jedoch, dass sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen und neue Technologien testen. Denn wie sagt der renommierte Professor für Führungsmanagement, John P. Kotter: „Nichts ist so wirksam wie ein gutes Vorbild, um Menschen für neue Ideen empfänglich zu machen […].“
Zusammenfassend lässt sich sagen: Je gezielter ein Unternehmen seine digitale Kultur etabliert und verankert, desto größer sind seine Chancen auf eine erfolgreiche digitale Transformation. Und deren Vorteile liegen auf der Hand: Kundinnen und Kunden werden mit einfachen, innovativen und kundenzentrierten Lösungen begeistert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei Routinearbeiten entlastet und von Arbeitsspitzen befreit. Das Unternehmen selbst profitiert unter anderem von höherer Effizienz und Effektivität.
Doch weder bei der digitalen Transformation noch bei der digitalen Kultur gibt es ein Ende. Beides befindet sich im steten Wandel und muss immer weiterentwickelt werden. Schließlich bedeutet das lateinische Wort „cultura“ nichts anderes als „Pflege“ oder „Bearbeitung“ des Bodens. Deshalb mein Appell: Pflegen auch Sie Ihre digitale Kultur – sie ist der Boden Ihres wirtschaftlichen Erfolgs!
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst beim Versicherungsmonitor erschienen.
Text: Mark Klein, CDO ERGO Group AG
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