Einfach, weil's wichtig ist.
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Ratgeber, 22. Juli 2024
Fahrradfahren macht Spaß und ist gut für die Gesundheit – kein Wunder, dass das Zweirad im Sommer beliebt ist, um von A nach B zu kommen. Auch Familien schwingen sich für Ausflüge ins Grüne gerne mit ihren Kindern aufs Rad. Viele Eltern sind jedoch unsicher, ab wann sich ihr Kind zum ersten Mal auf den Sattel setzen sollte. Mit welchem Alter die kleinen Radler am Straßenverkehr teilnehmen und wo sie fahren dürfen, was bei der Aufsichtspflicht gilt und welche weiteren rechtlichen Regelungen Eltern kennen sollten, weiß Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Viele Familien unternehmen im Sommer gerne die ein oder andere Fahrradtour, denn da können sogar schon die Kleinsten mit. Allerdings sollten die Kinder schon selbstständig sicher sitzen können. Da sie in der ersten Zeit besonders anfällig für Stöße und Erschütterungen sind, sollten Eltern Babys erst etwa ab dem elften Monat mit einem geeigneten Kindersitz bei Ausflügen mitnehmen. Auch sie sollten selbstständig sitzen können. „Spätestens mit sieben Jahren müssen die Kleinen dann laut Straßenverkehrsordnung (StVO) auf ein eigenes Rad umsatteln. Eine Ausnahme gilt für Kinder mit Behinderungen“, so Sabine Brandl, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH. „Meist sind Kinder zwischen drei und vier in einem Alter, in dem sie selbstständig Fahrradfahren lernen können.“ Dabei sollten Eltern unbedingt auf eine sichere Umgebung achten, zum Beispiel einen leeren Parkplatz. Um den Straßenverkehr alleine zu bewältigen, empfiehlt Brandl, bis etwa zum achten Lebensjahr zu warten. Erst dann besitzen die meisten Kinder die Fähigkeiten, Gefahren und Situationen einschätzen zu können. „Eine gesetzliche Regelung gibt es hierzu allerdings nicht“, ergänzt die ERGO Juristin.
Erwachsene dürfen nur in Ausnahmefällen auf dem Gehweg radeln. Doch wie sieht das beim Nachwuchs aus? „Laut § 2 der Straßenverkehrsordnung sind Kinder bis zum achten Lebensjahr dazu verpflichtet, auf dem Gehweg oder einem baulich abgetrennten Radweg zu fahren“, so Brandl. „Machen Verschmutzungen, Schnee oder sonstige Hindernisse die Nutzung des Radwegs unzumutbar, erlauben Gerichtsurteile Radfahrern ausnahmsweise das Ausweichen auf die Fahrbahn.“ Kinder zwischen acht und zehn Jahren können wählen, ob sie den Gehweg, den Radweg oder die Fahrbahn sowie darauf aufgemalte Radfahr- oder Schutzstreifen benutzen. Für ältere Fahrradfahrer ist der Gehweg tabu – sie müssen auf Radweg, Fahrradschutzstreifen oder Fahrbahnen fahren.
Meist ist der Nachwuchs nicht alleine mit dem Drahtesel unterwegs. Begleitet eine Aufsichtsperson ab 16 Jahren einen höchstens achtjährigen Radler, darf diese ebenfalls den Fußweg nutzen. Die Regel gilt jedoch nur für eine Person. „Eine weitere besondere Vorschrift: Fahren Kinder und gegebenenfalls der begleitende Radler auf dem Gehweg, sind sie dazu verpflichtet, beim Überqueren einer Straße abzusteigen“, so Brandl. „Und auch wenn der Nachwuchs noch keine acht Jahre alt ist, aber mit einem Lastenrad oder Kindersitz transportiert wird, berechtigt dies Eltern nicht zur Nutzung des Fußwegs.“ Die StVO sieht übrigens auch spezielle Regelungen für Autofahrer in Bezug auf Kinder vor: Sie müssen sich diesen gegenüber laut § 3 besonders vorsichtig und rücksichtsvoll verhalten.
Auch wenn Eltern ihren Nachwuchs gut auf den Straßenverkehr und die hier lauernden Gefahren vorbereitet haben, sind Kinder leicht ablenkbar und erkennen riskante Situationen unter Umständen nicht rechtzeitig. Ein Unfall ist daher schnell passiert. Laut § 828 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) haften Kinder bis sieben Jahre nicht für verursachte Schäden. „Zwischen dem siebten und 18. Geburtstag können sie dann allerdings für Unfälle mit anderen Radlern, Fußgängern und Co. zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzen, um zu erkennen, dass sie etwas falsch machen. Ausnahme: Verursachen Kinder zwischen sieben und zehn Jahren einen Schaden bei Unfällen mit Kraftfahrzeugen oder Schienenfahrzeugen, haften sie nur bei vorsätzlichem Handeln“, erläutert die ERGO Juristin. Eltern, die ihre Aufsichtspflicht verletzen, müssen außerdem für den von ihrem minderjährigen Nachwuchs-Radler verursachten Schaden geradestehen. Wie viel Aufsicht nötig ist, hängt von der Entwicklung des Kindes und der Situation im individuellen Einzelfall ab.