In der Corona-Pandemie haben wir unsere Lernfähigkeit bewiesen
In der Lage hinzuzulernen sind wir allemal, das haben wir bewiesen. Nehmen wir das Beispiel, mit dem in den letzten drei Jahren die meisten von uns konfrontiert waren: das Home Office. In kurzer Zeit lernten wir, virtuell zusammen zu arbeiten, anstatt auf Geschäftsreise zu gehen und uns in Konferenzräumen zu treffen.
Das war nur der erste Schritt in eine neue Arbeitswelt. Das Arbeiten von überall gehört inzwischen dazu, zukünftig werden auch hoch technisierte Abläufe in der Industrie dazu gehören, die gemeinsame Remotearbeit auf technischen Plattformen. Ermöglicht wird das durch die digitale Revolution, die seit etwa 30 Jahren in der Kommunikation zwischen Menschen und zwischen Mensch und Maschine abläuft.
Denken wir diese Revolution einen Schritt weiter: Die Digitalisierung dringt in immer mehr Bereiche ein, erfasst die Energiegewinnung, Mobilität und Logistik – getrieben von der Notwendigkeit, CO2-Emissionen zu reduzieren. Eine Anpassung der Wirtschaftssysteme an den Klimawandel wird die größte Herausforderung der nächsten Jahre werden, und damit auch die Art, wie wir arbeiten verändern. Allein das erfordert lebenslanges Lernen.
Bereitschaft sich weiterzubilden nimmt ab
Allerdings war die Bereitschaft, sich weiterzubilden, hierzulande schon einmal besser. Die Teilnahme an Weiterbildungen sei eher rückläufig, zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ den Programmverantwortlichen „Lernen fürs Leben“ bei der Bertelsmann-Stiftung. Das treffe insbesondere für diejenigen zu, die eine Weiterbildung dringend bräuchten, um ihre berufliche Situation zu verbessern.
Die Motivation sich weiterzubilden ist – laut einer Studie von BCG und Stepstone – in Deutschland generell weniger ausgeprägt als in vielen anderen Ländern. Laut Bertelsmann aber hat sie noch einmal nachgelassen. 2010 sei Weiterbildung für 29 Prozent ein wichtiger Baustein gewesen, ihren eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Nur wenige Jahre später traf das nur noch für elf Prozent zu. Eine eindeutige Erklärung dafür existiert nicht, lediglich eine Interpretation: angesichts der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist die Angst um den eigenen Arbeitsplatz gesunken.
Egal wie die wirtschaftliche Lage ist: ein Weiterbilden aus Angst halte ich als Motivator generell für nicht besonders geeignet. Nicht in einer Zeit, in der eine gelingende digitale Transformation auf die Bereitschaft der Menschen, sich neues Wissen anzueignen, angewiesen ist. Können wir uns vor diesem Hintergrund auf ein Lernen aus Neugier einigen?
Alle lieben Podcasts
Mehr als 50.000 in Deutschland produzierte Podcasts hat die Süddeutsche Zeitung jüngst gezählt. Die Menschen lieben das Medium, auf 19 Millionen Hörerinnen und Hörer habe sich die Nutzerzahl zwischen 2018 und 2020 fast verdoppelt. Mindestens einmal pro Woche bis nahezu täglich hört jeder und jede zweite Podcasts.
Ich selbst bin Teil der Gemeinde, höre allerhand zu Technologien. Am meisten aber faszinieren mich zwei Podcasts, die Geschichte extrem lebendig und spannend präsentieren. Meine Fahrradfahrten ins Büro und zurück könnten aus dieser Perspektive manchmal länger dauern.
Mag sein, dass der Podcast-Hype auf Kosten des klassischen Radios geht. Aber das thematische Interesse der Deutschen ist faszinierend. 20 der 50 meistgehörten Podcasts aus den Spotify-Charts fallen in die Bereiche Politik, Nachrichten sowie Wissen, produziert von großen Medienanstalten bis zu kleineren, semiprofessionellen Absendern, die uns etwas mitzuteilen haben.
Kein Wunder, dass Arbeitgeber wie ERGO den Podcast als Medium für sich entdeckt haben. Vor allem aber ist es ein Beleg dafür, dass in den Deutschen genügend Wissbegierde und Neugier steckt.
Ein Beispiel an Schweden nehmen
Technischer Fortschritt kann innerhalb kürzester Zeit dazu führen, dass das bisherige Wissen zu nichts mehr nützt. Die Zunahme von Wissen ist exponentiell, das Tempo steigt immer weiter an. Umgekehrt heißt das, die Halbwertszeit von Wissen nimmt rapide ab. Alles, was man während der Coronakrise über IT gelernt habe, sei nach 18 Monaten bereits wieder veraltet gewesen, sagt der Vorstand der Personalberatung Hays gegenüber dem managermagazin.
Nicht nur deshalb investieren Dänemark und Schweden europaweit am meisten in ihre Bildung und das lebenslange Lernen. Die Auswahl an staatlich geförderten, meist kostenlosen Programmen ist beeindruckend. Eine Million Schweden nutzen diese Angebote jährlich, das entspricht zehn Prozent der Bevölkerung. Das neue Wissen wird nicht statisch vorgegeben, sondern an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst. Vielmehr noch: Man kommt zusammen, um im Dialog voneinander und miteinander zu lernen.
Ein großer Vorteil bei unseren skandinavischen Nachbarn: Wissen als Machtfaktor, den es zu hüten gilt, diese Eigenart ist eher unbekannt. Wissen müsse fließen, um besser zu werden, man müsse es stets und ständig weiter teilen. Das kann zu – aus deutscher Sicht – beneidenswerten Eigendynamiken führen. Die gesetzlich vorgeschriebene und bezahlte 20-minütige Kaffeepause zählt zum Standard in Unternehmen. Alle kommen zusammen, ganz gleich welcher Hierarchie angehörend, und tauschen sich aus. Das Unternehmen bildet sich von innen heraus weiter.