Digitalisierung & Technologie, 13. Februar 2025

Klima- und Wetterprognosen: Wie KI bei den Vorhersagen hilft

Männer auf dem Berg

Extreme Wetterereignisse wie Hitzeperioden, Dürren oder Starkregen nehmen seit Jahren gefühlt, aber auch statistisch zu. Daran lässt auch die Naturkatastrophen-Bilanz 2024 von Munich Re erneut keinen Zweifel. Sie sind Zeichen des Klimawandels, auf den sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt vorbereiten müssen. Präzise Wetter- und Klimavorhersagen werden daher in den nächsten Jahren noch wichtiger. Doch welche Technologien helfen dabei?

Die letzten extremen Wetterereignisse liegen noch nicht lange zurück. In Spanien zum Beispiel haben heftige Regenfälle rund um die Region Valencia Ende Oktober 2024 viel Leid und enorme Schäden verursacht. Bei Todesopfern und Sachschäden in Milliardenhöhe stellt sich aus der unmittelbaren Betroffenheit heraus die Frage: Lassen sich solche Wetterereignisse nicht in irgendeiner Form vorhersagen?

Mehr Daten, bessere Prognosen

Die Qualität der Wettervorhersage hängt von den verfügbaren Daten ab, mit denen die komplexen Rechenmodelle gefüttert werden. Dabei gilt: Mehr Quantität bringt mehr Qualität. Oder anders ausgedrückt: Je mehr Wetterstationen Messwerte liefern, desto belastbarere Vorhersagen lassen sich daraus berechnen.

Wettervorhersagemodelle

Numerische Modellierung
Die Vorhersagen werden aus einem datenbasierten Anfangszustand abgeleitet. Deterministische Modelle verwenden dazu einen einzigen Anfangszustand, probabilistische Modelle mehrere leicht unterschiedliche Anfangszustände.

Meteorologische Fachverfahren
Die komplexen Informationen der numerischen Modellierung werden mit weiteren Daten aus Beobachtungssystemen (Satelliten, Radar) angereichert und mit Hilfe von Algorithmen teilautomatisiert ausgewertet.

Die Qualität der Wettervorhersagen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bereits stark verbessert. Ein wesentlicher Faktor dafür sind Satellitendaten, die seit den 1980er Jahren einbezogen werden. Gleichzeitig entstehen weltweit immer mehr Wetterstationen, die wichtige Daten liefern. Neue Sensornetzwerke, darunter auch Crowdsourcing-Daten von Wetterstationen von Privatpersonen, ergänzen die professionellen Messstationen. Innovative Technologien wie Wetterdrohnen können gezielt Daten aus verschiedenen Atmosphärenschichten sammeln.

Prognosen nur für sieben Tage – oder länger?

Obwohl sich die Datenlage also deutlich verbessert hat, können die heutigen Rechenmodelle nur etwa sieben Tage vorhersagen. Alles, was darüber hinausgeht, kann mit den derzeit verfügbaren Modellen nicht zuverlässig vorhergesagt werden.

Die 7-Tage-Grenze könnte sich aber in den nächsten Jahren durchaus verschieben. Vorhersagemodelle, die KI-Technologien nutzen, können wesentlich mehr Daten in wesentlich kürzerer Zeit verarbeiten. KI-basierte Wettermodelle könnten nicht nur alle aktuell verfügbaren Daten einbeziehen, sondern auch Daten aus der Vergangenheit berücksichtigen. So entstehen neue Vorhersagemodelle, die Muster erkennen und Wahrscheinlichkeiten für die daraus resultierenden Wetterlagen berechnen.

Einen Ausblick auf die Zukunft der KI-Wettervorhersage gibt eine Entwicklung der Google-Tochter Deepmind, deren KI-Modell nach eigenen Angaben „schnellere und genauere Vorhersagen für bis zu 15 Tage“ liefern soll. Die KI „GenCast“ wurde mit Wetterdaten der letzten vier Jahrzehnte trainiert und erzeugt ein probabilistisches Wettermodell, das genauer ist als bisherige Modelle.

In ersten Tests mit realen Wetterdaten aus dem Jahr 2019 lieferte GenCast in 97,2 Prozent der Fälle bessere Vorhersagen als das derzeitige Spitzenmodell des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage (EZMW). Experten sehen darin einen ersten wichtigen Schritt, aber es gibt noch Probleme zu lösen.

Für KI-Vorhersagen werden Wetterdaten in Echtzeit benötigt - und zwar möglichst weltweit. Bei mehreren tausend Wetterstationen rund um den Globus ist das eine logistische Herausforderung. Ob die Rechenleistung heutiger Rechenzentren dafür ausreicht, ist fraglich. Möglicherweise sind KI-Vorhersagen zunächst auf maximal 15 Tage beschränkt, bis die Rechenleistung steigt. Mit den ersten Quantencomputern könnte das aber schon bald der Fall sein

Wetter vs. Klima

Im Gespräch am Gartenzaun oder am Stammtisch werden die beiden Begriffe schnell vermischt, geht es doch jeweils um Temperatur und Niederschlag. Dabei lassen sich Wetter und Klima durchaus unterscheiden:

Das Wetter kennen wir vom Wetterbericht. Er prognostiziert Temperaturen und Niederschläge für bestimmte Orte und zu bestimmten Zeiten. Das Wetter ist also lokal und beschreibt den aktuellen IST-Zustand.

Das Klima hingegen beschreibt das Wetter über einen längeren Zeitraum und über größere Gebiete. Ein Zeitraum von 30 Jahren wird in der Klimaforschung häufig für Vergleiche herangezogen. Das Wetter eines einzelnen Tages wird dabei zu einer kleinen statistischen Einheit (1:10.950).

Klimaberechnungen sind nochmals komplexer

Wie wird sich das Klima verändern, wenn sich die Erde weiter erwärmt? Auf welche Auswirkungen müssen sich die Menschen in den verschiedenen Regionen in den nächsten Jahren einstellen? Um diese Fragen verlässlich beantworten zu können, benötigen Klimaforscher möglichst lückenlose Wetterdaten über sehr lange Zeiträume.

Während für die Wettervorhersage ausreichend Daten zur Verfügung stehen, ist dies für Klimaberechnungen mittels Machine Learning und KI nicht der Fall. Ein lückenloser Datensatz existiert erst seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts. Die erste Aufgabe von KI-Modellen besteht daher darin, Wetterdaten zu rekonstruieren, um lückenlose Datensätze für einen längeren Zeitraum zu erhalten.

Eine Studie einer internationalen Forschergruppe um Étienne Plésiat und Christopher Kadow vom Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) verwendete beispielsweise Künstliche Intelligenz, um vergangene extreme Ereignisse zu rekonstruieren und räumliche Trends über einen langen Zeitraum (1901-2018) aufzudecken, der von den meisten Bestandsdaten nicht abgedeckt wird.

Erst wenn der historische Kontext ausreichend ermittelt wurde, können KI-Modelle zum Verständnis aktueller Klimaextreme und zukünftiger Klimarisiken beitragen.

Ausblick auf die Vorhersagen von morgen

Die Aussichten für zukünftige Entwicklungen sind vielversprechend. Quantencomputing könnte in Zukunft noch komplexere Berechnungen ermöglichen. Neue Satellitengenerationen werden noch genauere Daten liefern. Die Weiterentwicklung der KI wird zu noch intelligenteren Vorhersagesystemen führen. Gleichzeitig wird die internationale Zusammenarbeit in der Wetterforschung immer wichtiger, um globale Phänomene besser verstehen und vorhersagen zu können. Diese Fortschritte werden nicht nur die Genauigkeit der Vorhersagen verbessern, sondern auch ihren zeitlichen Horizont erweitern.

Text: Falk Hedeman


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