Nachhaltigkeit & Engagement, 22. Januar 2025

Der unterschätze Faktor der Energiewende: Batteriespeicher

Welche Lösungen gibt es bereits und woran wird geforscht?

Batterie im Elektro-Auto

Wind- und Sonnenenergie sind wichtige Säulen der Energiewende. Und während ihr Anteil am Strommix stetig wächst, rückt eine weitere Säule immer mehr in den Vordergrund: Batteriespeicher. Denn ohne intelligente Speicher kann die Energiewende nicht zu 100 Prozent gelingen. Welche Lösungen gibt es bereits und woran wird geforscht?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland läuft nach Plan. Genau genommen ist das sogar eine Untertreibung. Bei der Solarenergie hat Deutschland bereits im Mai das Ausbauziel erreicht, das das Erneuerbare-Energien-Gesetz für Ende 2024 vorsieht. Bei der Windenergie liegt Deutschland dagegen hinter dem Plan zurück, was aber das Plus bei der Solarenergie insgesamt wieder ausgleicht.

Wind- und Sonnenenergie sind nahezu unbegrenzt verfügbar. Wir brauchen also nur genügend Wind- und Solaranlagen, um die Energiemenge einzusammeln, die unsere Gesellschaft zum Leben und Wirtschaften braucht, oder? Nicht ganz. Denn beide Energiequellen sind stark wetter- und jahreszeitabhängig.

Warum wir mehr als Wind- und Solarkraftwerke brauchen

Da die Sonne nicht rund um die Uhr scheint und der Wind nicht steuerbar ist, braucht die Energieversorgung einen weiteren Baustein. Bisher sind dies Gas- und Kohlekraftwerke. Für eine vollständige Dekarbonisierung der Energiewirtschaft müssen aber auch diese zentralen Kraftwerke in naher Zukunft abgeschaltet werden. Sie werden für eine Übergangszeit als Notreserve dienen, wenn Lastspitzen auftreten oder die gefürchtete „Dunkelflaute“ eintreten sollte. Solange der Ausbau der Erneuerbaren Energien weitergeht, werden diese zentralen Großkraftwerke weiterhin eine wichtige Rolle für die Versorgung und die Stabilität der Stromnetze spielen.

Dunkelflaute

Als Dunkelflaute bezeichnet man das gleichzeitige Auftreten von Dunkelheit und Windstille. Weder Photovoltaik- noch Windkraftanlagen produzieren dann ausreichend Strom. Besonders kritisch ist eine Dunkelflaute, wenn sie über mehrere Tage anhält. Eine Besonderheit stellt die „kalte Dunkelflaute“ dar, wenn in der kalten und dunklen Jahreszeit die erzeugte Energiemenge und der Energiebedarf weiter auseinander klaffen.

Aber auch heute schon gibt es Tage, an denen die „Erneuerbaren“ so viel Energie erzeugen, dass ein Überschuss entsteht. Diese Tage erkennt man an negativen Strompreisen bei Stromanbietern mit dynamischen Tarifen. Kunden, die einen solchen Tarif gebucht haben, verdienen an Tagen mit Stromüberschuss, wenn sie Strom verbrauchen. Der Grund dafür ist, dass die Stromnetze selbst keinen Strom speichern können. Sie müssen den eingespeisten Strom wieder abgeben. Bei einem Überschuss muss also entweder der Verbrauch erhöht oder die Erzeugung reduziert werden. An der Strombörse rutschen die aktuellen Preise dann ins Negative.

So erfreulich das für diese Kunden ist, so negativ sind solche Tage für die Energiewende. Denn sie kommen sowohl den Bundeshaushalt als auch die gewerblichen Stromerzeuger teuer zu stehen. Negative Strompreise belasten zum einen das staatliche EEG-Konto, da die Einspeisevergütungen als Ausgaben hoch bleiben, die Einnahmen durch negative Preise aber wegfallen. Andererseits könnte der Preisdruck den notwendigen EEG-Ausbau verlangsamen oder ganz zum Erliegen bringen, weil sich die hohen Investitionen nicht mehr lohnen.

Negative Strompreise - wie kommt es dazu?

An der Strombörse in Leipzig wird Strom für verschiedene Zeiträume gehandelt. Während die meisten Energieversorger den Strom für ihre Kunden langfristig einkaufen, gibt es immer die so genannte Restmenge, die kurzfristig (day-ahead) beschafft wird. In diesem Segment bilden sich die Preise dynamisch aus Angebot und Nachfrage. An Tagen mit Überschuss, also wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage, drehen die Preise ins Negative. Dies ist häufig an den Feiertagen wie Ostern und Pfingsten zu beobachten. Dann produzieren die erneuerbaren Energien saisonbedingt viel Strom, während gleichzeitig Fabriken und Büros geschlossen bleiben und die Nachfrage gering ist. Bis September 2024 wurden insgesamt 388 Stunden mit negativen Strompreisen registriert. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2023 waren es 301 Stunden.

Die zunehmende Zahl von Tagen mit negativen Strompreisen macht deutlich, dass der Energiewende noch ein Baustein fehlt, um langfristig erfolgreich zu sein: Stromspeicher. Sie könnten die Preise im Kurzfristhandel stabilisieren, indem sie überschüssigen Strom aus den Netzen aufnehmen. Gleichzeitig würde dies die Ausfallsicherheit der Stromnetze erhöhen, wenn sie kurzfristig Strom aufnehmen und bei Bedarf auch kurzfristig wieder ins Netz abgeben könnten.

Unterschiedliche Stromspeicher für unterschiedliche Aufgaben

Eine Möglichkeit, überschüssige Energie zu speichern, ist die Umwandlung von Strom, zum Beispiel in Wasserstoff. Auch die Umwandlung in Wärme kann sinnvoll sein. Beide Möglichkeiten helfen, Überschüsse zu regulieren. Für den umgekehrten Fall, eine Unterversorgung, sind sie jedoch nicht geeignet.

Bei Pumpspeicherkraftwerken, Druckluftspeichern und Schwungradspeichern wird die Energie ebenfalls umgewandelt, kann aber jeweils über Turbinen oder Generatoren wieder in Strom umgewandelt werden.

Eine wesentliche Rolle bei der Speichertechnologie spielen jedoch verschiedene Batterien unterschiedlicher Größe:

  • Kleinspeicher: Diese kleinen stationären Batteriespeicher werden häufig in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage in Wohnhäusern installiert. Sie nehmen einen Teil des auf dem Hausdach erzeugten Solarstroms auf und speichern ihn für die Zeit, in der die PV-Anlage keinen Strom liefert.
  • Großspeicher: Sie speichern mehrere Megawatt Strom und sind daher geeignet, die natürlichen Schwankungen im EEG-Netz auszugleichen. Sie werden im gewerblichen Bereich oder direkt von Energieversorgern eingesetzt.
     

Beide Speichergrößen basieren bisher hauptsächlich auf Lithium-Ionen-Batterien. Auch wenn es sich dabei nicht um eine ganz neue Technologie handelt, hat die Entwicklung von Lithium-Ionen-Speichern im großen Maßstab zu einer erheblichen Kostensenkung geführt. Seit 2010 sind die Preise für Lithium-Ionen-Batterien um 90 Prozent gesunken. Da sie zudem durch Forschung und Entwicklung widerstandsfähiger und langlebiger geworden sind, haben sie gegenüber alternativen Batterietechnologien noch einen Vorsprung.

Es wird jedoch erwartet, dass alternative chemische Batterien in den nächsten Jahren zunehmend konkurrenzfähig werden. Natrium-Ionen-Batterien beispielsweise sind in der Herstellung etwa 20 bis 30 Prozent günstiger, haben aber noch nicht den Entwicklungsstand für den Masseneinsatz erreicht.

E-Autos als Batteriespeicher

Mit zunehmender Verbreitung von E-Autos können auch deren Akkus einen wichtigen Beitrag zur Energiespeicherung leisten. Technologische Verbesserungen könnten in den nächsten Jahren die Kapazitäten erhöhen und die Batteriepreise sinken lassen. Zusammen mit dem bidirektionalen Laden, bei dem E-Autos gespeicherten Strom bei Bedarf wieder ins Netz zurückgeben können, ergeben sich zukünftig weitere Optionen für mehr Flexibilität.

Ausblick: Superkondensatoren als Alternative zur Batterie

Da chemische Batterien immer eine gewisse Trägheit aufweisen, sind sie für Anwendungen, bei denen es auf Schnelligkeit ankommt, nicht immer geeignet. Dies gilt zum Beispiel für den Ausgleich von Spannungsschwankungen im Netz. Hier könnten in Zukunft so genannte Superkondensatoren, auch Ultrakondensatoren oder Supercaps genannt, einspringen. Sie arbeiten nicht mit chemischen, sondern mit physikalischen Prozessen, die noch einmal deutlich schneller ablaufen. Das macht sie für alle Anwendungen interessant, bei denen es auf ultraschnelle Energieabgabe ankommt.

Doch nicht nur die Schnelligkeit macht die Superkondensatoren so interessant, sie lassen sich auch äußerst flexibel integrieren. So haben Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen Superkondensator entwickelt, der aus alltäglichen Rohstoffen besteht: Zement, Ruß und Wasser. Damit könnte beispielsweise das Fundament einer Windkraftanlage gleichzeitig als Stromspeicher genutzt werden und überschüssigen Strom direkt an der Anlage zwischenspeichern.

Auch für den Hausbau wären diese „Zementspeicher“ sehr nützlich. Die Forscher haben errechnet, dass ein Fundament von 45 Kubikmetern ausreicht, um den Strombedarf eines Tages (etwa zehn Kilowattstunden) aufzunehmen.

Etwas weiter gedacht, könnten Superkondensatoren aus Zement unsere Autobahnen zu einem gigantischen Speichernetz verbinden. In Kombination mit der Induktionstechnologie könnten Elektroautos künftig während der Fahrt berührungslos aufgeladen werden. Damit wäre gleichzeitig eines der größten Probleme der Elektroautos gelöst: Teure und schwere Batterien, deren Reichweite dennoch begrenzt ist.

Text: Falk Hedemann


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